„Spazierengehen tut gut – aber die richtige Therapie findet im Raum statt.“ So denken viele Psychotherapeut*innen, die zwar Naturaufenthalte schätzen, aber sie primär als Mittel zur Entspannung sehen.
Sie schicken ihre Klient*innen zur Erholung und Aktivierung raus, empfehlen „Bewegung an der frischen Luft“ und Spaziergänge im Grünen – oft in guter Absicht, aber ohne klares Konzept. Und sie fragen sich dann, warum kein nachhaltiger Effekt eintritt.
Die Antwort ist simpel – und weitreichend: Was in der Natur passiert, hängt nicht nur von der Umgebung ab, sondern vor allem vom Bezugsrahmen, in dem der Aufenthalt stattfindet!
Ein Naturaufenthalt kann vieles sein
Ein Spaziergang ist nicht per se heilsam im Sinne von Psychotherapie. Er kann:
🍀 Freizeit sein
🍀 Bewegungstherapie
🍀 Achtsamkeitspraxis
🍀 Ressourcenerleben
🍀 oder psychotherapeutische Prozessarbeit
Was ihn unterscheidet, ist nicht der Weg – sondern die innere Ausrichtung. Die Anleitung. Die Einbettung in ein therapeutisches Konzept und eine therapeutische Beziehung.
Und genau hier beginnt meist das Missverständnis. Deshalb habe ich die „Wirkungspyramide“ entwickelt:

Die Wirkungspyramide - was Naturerfahrungen leisten können
In der Wirkungspyramide der Naturerfahrung siehst Du fünf Ebenen, die jeweils mehr Voraussetzungen brauchen, um tiefere Wirkungen zu erzielen:
1. Spaziergang
👉 Naturaufenthalt = leichte Entspannung. Ohne Anleitung, ohne innere Haltung. Wirksam wie ein Powernap – kurzzeitig hilfreich, aber ohne nachhaltige Veränderung.
2. Waldbaden
👉 Naturaufenthalt + Präsenz = tiefere Entspannung Ein bewusstes Innehalten und Erleben mit allen Sinnen, das erste Zugänge zum Hier und Jetzt eröffnet.
3. Achtsamkeitspraxis in der Natur
👉 Naturaufenthalt + Präsenz + Akzeptanz = Selbstregulation & Lebenskompetenz. Klient*innen erleben, wie sie mit dem gegenwärtigen Moment in Beziehung treten können – statt in Grübelschleifen oder Widerstand zu verharren.
4. PAN-Praxis®
👉 Naturaufenthalt + Präsenz + Akzeptanz + Naturverbindung = ökologische Selbsterfahrung. Einbindung in größere Kontexte, Aufbau von Resilienz durch Verbindung mit dem Lebendigen – jenseits des Selbstoptimierungsprinzips.
5. Achtsamkeitsbasierte Naturtherapie
👉 Naturaufenthalt + Präsenz + Akzeptanz + Naturverbindung + psychotherapeutischer Bezugsrahmen = Persönlichkeitsveränderung. Hier wird das Selbst- und Naturerleben zum Spiegel, zur Ressource, die Naturumgebung zum Entwicklungsraum. Symptome bekommen Sinn, Charakterstrukturen können gelockert werden, innere Prozesse werden angestoßen – unterstützt durch fachlich fundierte Begleitung.
Warum das für Therapeut*innen so relevant ist
Viele Therapeutinnen denken bei „Naturinterventionen“ an kleine Impulse: „Gehen Sie mal raus, das tut Ihnen gut.“ Aber die Natur kann ein Erfahrungsraum sein, in dem Klient*innen neue Beziehungsqualitäten, Haltungen und Handlungsmöglichkeiten erleben – wenn wir als Fachpersonen diesen Raum bewusst gestalten.
Wer die Natur nur als Kulisse für Erholung sieht, verschenkt ihr therapeutisches Potenzial!
Sandra Knümann
Lass es mich am Beispiel einer Klientin mit Erschöpfungs-Depression erklären:
- Du kannst ihr tägliche Spaziergänge zur Antriebssteigerung vorschlagen.
- Du kannst mit ihr „waldbaden“, um die sinnliche Wahrnehmung zu fördern.
- Du kannst ihr Achtsamkeitsübungen zeigen, z.B. Gehmeditation oder Atemübungen, um aus Grübelschleifen auszusteigen.
- Du kannst ihre Körperhaltung beim Gehen beobachten und über den körperlichen Ausdruck am inneren Erleben arbeiten.
- Du kannst sie zu einer „Freien Naturerfahrung“ einladen, bei der sie ihre charakteristischen Muster kennenlernt (z.B. ihr Leistungsstreben).
- Du kannst die Klientin ein Gehtempo finden lassen, das ihrem jetzigen körperlichen Befinden angemessen ist. Das fördert die Körperwahrnehmung.
- Du kannst beim Finden des eigenen Lebensrhythmus helfen, indem Du die Aufmerksamkeit auf Rhythmen der inneren Natur (z.B. Atem, Herzschlag) und der äußeren Natur (z.B. Sonnenauf- und Untergänge) lenkst.
- Du kannst sozialem Rückzug entgegenwirken, indem Du die Beziehung zum Thema machst („Wie ist es für Sie, mit mir hier zusammen zu gehen?“ „Welcher Abstand ist gerade passend für Sie?“)
- Du kannst auf die Stärkung des Selbstwerts hinwirken, indem Du ihre Bedürfnisse berücksichtigst und z.B. zu Pausen einlädst.
- Du kannst die Erfahrung von Selbstwirksamkeit ermöglichen, indem die Klientin den Weg bestimmen darf.
- Du kannst fragen, was Spazieren für sie bedeutet, welche Beziehung sie zur Natur hat, wie sie das Gehen gerade erlebt etc.
Ich könnte noch ewig weiter aufzählen… 😉
Und das waren noch nicht einmal spezielle naturtherapeutische Interventionen! Sondern „nur“ Beispiele, wie Spazieren zur Intervention werden kann – und in welcher Tiefe.
Naturtherapie ist mehr als Bewegung und Entspannung
Als Psychotherapeut*in kannst Du mit der richtigen Haltung und Methodik aus einem simplen Naturaufenthalt:
🌳 eine achtsame Lebenshaltung vermitteln
🌳 Ressourcen aktivieren, die tiefer reichen als Worte
🌳 existentielle Themen wie Zugehörigkeit, Wandlung und Loslassen erfahrbar machen
Das ist keine Magie – sondern fundierte Praxis.
Du willst lernen, wie das geht?
In unserer Ausbildung „Naturtherapie/Naturcoaching“ lernst Du, wie Naturaufenthalte psychotherapeutisch wirksam werden – mit und ohne spezielle Methoden.

Naturtherapie / Naturcoaching-Ausbildung
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Jetzt interessiert mich Deine Sicht als Therapeut*in:
Würdest Du sagen, dass Du die Natur schon therapeutisch nutzt – oder eher empfiehlst, „mal rauszugehen“?